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Aktuelle Version vom 23. Februar 2016, 17:05 Uhr
Kellogs 6h-Tag
Mit der Wirtschaftskrise im Jahr 1929 wurde von Will K. Kellogg ein revolutionäres Arbeitszeitmodell eingeführt: Statt drei 8-Stunden-Schichten wurde der Tag in vier 6-Stunden-Schichten geteilt. Dadurch wurden 30% mehr Arbeiter_innen benötigt, die bisherige Belegschaft nahm Lohneinbußen von ca. 12% in Kauf. 1932 wurden die Auswirkungen auf die Belegschaft im Auftrag des Arbeitsministeriums untersucht: 85% der Befragten bevorzugten das neue Modell und nannten als Gründe mehr Zeit für die Familie, gesteigertes Interesse an der Arbeit und bessere Einbindung in die Gemeinschaft. Die alten 8-Stunden-Schichten wurden mit Einschränkung und Knechtschaft verbunden, das neue Modell hingegen mit Freiheit und (Selbst-)bestimmung. Das gesellschafliches Leben erlebte einen Aufschwung, Vereine, Bibliotheken und Gemeindeleben florierten und Zeit zu Hause wurde nicht nur mit Entspannung und Konsum verbracht, sondern für Hausarbeit genutzt: Gartenarbeit, Nähen, Einmachen, Tischlern - am liebsten mit der ganzen Familie. In Abstimmungen nach Ende des zweiten Weltkriegs votierten 75% für eine Wiedereinführung der aus Kriegsgründen ausgesetzten 6-Stunden-Schichten. Dies geschah gegen den ausdrücklichen Wunsch der neuen Führung, die Kelloggs Wohlfahrtskapitalismus nichts abgewinnen konnte. Allerdings blieben längere Arbeitszeiten ausdrücklich erlaubt und wurden durch großzügige Lohnanreize beworben. Durch die wachsenden Konsummöglichkeiten wurde Geld wichtiger, Selbstgemachtes verlor seinen Reiz, da alles zu erwerben war. Langsam wandelte sich die gesamte Firmenkultur wieder, so dass Ende der 60er Jahre nur noch eine kleine Minderheit sechs Stunden pro Tag arbeitete. Diese wurden als „schwache Mädchen“, „Hausfrauen“ oder „Schwächlinge“ beschimpft, die die Ernsthaftigkeit der Arbeit nicht verstanden hätten.